Eine Sekte wird heute zwar mit derselben Skepsis betrachtet wie vor vielen hundert Jahren, das Verständnis des Begriffs selbst hat sich im Laufe der Zeit jedoch gewandelt. Was einst als allgemeine Bezeichnung für individuelle Gruppierungen angewandt wurde, gilt heute meist als Negativbegriff für scheinbar gefährliche religiöse Gemeinschaften.
Der Begriff Sekte ruft bei den meisten Menschen ganz bestimmte Assoziationen hervor, die in der Moderne ganz anders aussehen als noch vor zweitausend Jahren. Die Eigenschaften, die einer Sekte zugeschrieben werden, sind vielfältig, doch meist höchst negativ konnotiert. Dieses Verständnis wurde im Laufe der Zeit vor allem von den Ansichten der katholischen Kirche geprägt, Leichtgläubigkeit, zunehmende mediale Berichterstattung über Negativbeispiele und kursierende Gruselgeschichten taten ihr Übriges.
Sekten im ursprünglichen Verständnis
Schon in der Antike waren Sekten bekannt, damals galt die Bezeichnung jedoch noch für jede Gemeinschaft, die sich in ihrer Philosophie, Religion oder sogar Politik von den allgemein gültigen Ansichten unterschied. Der Begriff „hairesis“ war zunächst recht wertneutral und diente lediglich zur Unterscheidung zwischen Muttergruppierungen und sich davon abspaltenden Lehren. Mit der Zeit wurde die Häresie jedoch zu etwas höchst Negativem, und der lateinische Begriff „secta“ gewann immer mehr an Brisanz.
Eine der ersten Sekten war das Christentum selbst. Aus dem Judentum hervorgegangen war die „Sekte der Nazarener“ im ersten Jahrhundert noch eine kleine Gruppierung, die eine Lehre vertrat, welche für die meisten Gläubigen zur damaligen Zeit nicht verständlich war. Doch schnell entwickelte sich das Christentum zur Weltreligion, die ihrerseits den Begriff Sekte plötzlich auf alle jene bezog, die sich von ihr abwandten. Protestanten, Mormonen und sogar evangelische Christen waren demnach im katholischen Verständnis Anhänger einer Sekte, die einem Irrglauben unterlag.
Moderne Sekten und Begriffsverwendung
Denkt man heute an Sekten, kommen meist zuerst religiöse Gemeinschaften wie Scientology oder die Ernsten Bibelforscher – besser bekannt als die Zeugen Jehovas mit ihrem berühmt-berüchtigten „Wachtturm“ – in den Sinn. Beides sind Gruppierungen, denen üblicherweise mit Skepsis begegnet wird. Von politischen oder philosophischen Ansichten ist kaum noch die Rede, der Begriff Sekte wird heute eigentlich nur noch auf religiöse Gruppen angewandt.
Dabei unterscheiden die meisten Menschen vor allem zwischen zwei Extremen: einerseits dubiose Gruppierungen, hinter denen skrupellose Geschäftemacher stecken, die an der Gutgläubigkeit Anderer verdienen wollen; Und andererseits religiöse Fanatiker, die einer Irrlehre folgen, möglicherweise blutige Rituale durchführen, Aussteiger vehement verfolgen und für ihren Glauben sogar freiwillig in den Tod gehen. Ob Satanismus oder Schneeballsystem – mit dem Begriff Sekte sind heute höchst negative Assoziationen verbunden. Was wirklich hinter den Mauern der einzelnen Gruppierungen vor sich geht, bleibt für Außenstehende jedoch immer ein Geheimnis. Werbung