Auch in Afghanistans Hauptstadt Kabul ist ein neues Interesse an Mode zu beobachten: Neben Burka und Turban halten immer mehr westliche Einflüsse Einzug in die islamische Republik.
Individualismus und Mode
Unter dem Regime der Taliban wurden nicht nur Frauen gezwungen, ihre Körper und Gesichter mit der Burka zu verhüllen. Auch bei Männern wurden bestimmte Haarschnitte oder Kleidungs-stücke von den Sittenwächtern geahndet. Seit dem Ende des Regimes im Jahr 2001 ist der Ganzkörperschleier keine Pflicht mehr, aber dennoch tragen die meisten Frauen in der Öffentlichkeit weiterhin die Burka. Zwar werden auch Jeans oder Pumps zu dem traditionellen Gewand kombiniert, doch bleibt hier weniger Raum, um die eigene Persönlichkeit durch die Mode auszudrücken.
Modische Männer
Im Gegensatz dazu zeigen sich afghanische Männer gerade in der Hauptstadt Kabul gern experimentierfreudig. Das Klischee vom bärtigen Mann mit Turban ist in der größten Stadt des Landes immer seltener anzutreffen. Wie der Focus berichtet, bestimmen immer mehr Friseursalons und modische Läden das Stadtbild. Als Vorbilder für Frisuren- und Bartmode dienen Fotos von bekannten Filmstars oder Sportlern, die sowohl aus der europäischen, amerikanischen oder auch der indischen Kulturlandschaft stammen. In internationalen Modezeitschriften finden die Männer ihre Inspirationen. Unter der Herrschaft der Taliban wäre dies undenkbar gewesen: Selbst bei Jugendlichen mussten zu moderne Haarschnitte unter einem traditionellen Turban verdeckt werden.
Langsamer Wandel
Statt weit geschnittenen Hosen und langen Hemden verkaufen einige Boutiquen nun Röhrenjeans und Mode internationaler Marken. Das Sortiment ist in vielen Läden kaum wieder zuerkennen. Auch im nationalen Fernsehen wird das Interesse an Mode deutlich: In einer Fernsehsendung sollten Leute ihren individuellen Stil vorstellen und eine Fachjury beurteilte den Modegeschmack. Zwar zeigten tausende Teilnehmer Interesse an der Show, doch es gab auch Kritik. Vor allem der Klerus kritisierte die Show, die daraufhin zunächst abgesetzt worden ist. Auch einige Afghanen sehen die Entwicklung skeptisch: Die Mode gehe gegen den islamistischen Glauben und entspräche nicht den Werten der Moslems, kritisieren Konservative. Und während in Afghanistans Hauptstadt Kabul die neuesten Modetrends Gesprächsthema sind, gibt es im Süden und Osten des Landes weiterhin tödliche Angriffe der neuformierten Taliban. Der Wandel zu einem neuen Modebewusstsein hat also noch lange nicht das ganze Land erreicht.