Mailand – Kann auch eine Modewoche Belege dafür liefern, dass die Gesellschaft tief gespalten ist? Ja, in Mailand, am Eingang zur Fendi-Show.
Vor der Absperrung eine Handvoll Aktivisten, die lautstark auf das Recht der Tiere hinweisen, ihr Fell ausschließlich selbst zu tragen. Dahinter die Fashionistas im neuesten Pelz-Style. Dialog? Ausgeschlossen. Es sind einander fremde Welten mit jeweils festen Glaubenssätzen.
Die ersten zweieinhalb Tage der Mailand-Shows mit den Kollektionen für die Saison Herbst/Winter 2017/18 sind nun absolviert – und der Trump-Effekt hielt sich bisher in Grenzen. Vielleicht liegt es daran, dass die Berlusconi-erprobten Italiener den amerikanischen Präsidenten deutlich entspannter sehen. So hatte mit Wolfgang Joop ein Deutscher die bislang klarste Polit-Botschaft. In seiner Wunderkind-Show ging es um das Erwachen der Gesellschaft – als Symbol wählte er japanische Kirschblüten-Drucke. Und Models zeigten sich mit Camouflage, Hoodies und vermummten Gesichtern – wie bereit für den Widerstand.
Miuccia Prada arbeitet ohnehin immer auch eine feministische Agenda ab, ohne zu offensichtlich zu politisieren. Dieses Mal, mit Blick auf die Geschehnisse in den USA, hinterfragte sie die Kunst der Verführung. Ist hier alles erlaubt? Als Antwort gab es in der Kollektion viel Feminines, aber getragen mit einer Haltung der Stärke. Breite Pelzborten säumen aus verschiedenen Materialen zusammengefügte Mäntel. Mohair-Ensembles werden bestickt. Fransen und Federn wippen an Röcken und derben Caban-Jacken im Takt der Schritte.
Womöglich ist aber auch das eine Zukunftsvision: Am Ende verschickt sich der Mensch selbst als Paket. Und so trugen die Models bei Moschino Kleidung, die aussah wie stoffgewordene Versandkartons. Aber Vorsicht: Ironie! Denn die ist der Kern der italienischen Marke. Neu belebt durch Jeremy Scott, der dem Label mit plakativen Botschaften seit ein paar Saisons die einstige Bedeutung zurückgibt. Banales aus dem Alltag in einen ganz neuen Kontext zu setzen, ist ohnehin im Moment eine der spannendsten Modeströmungen.
Denn allen dämmert irgendwie, dass das absolut, das aus sich selbst heraus entstehende Neue wohl nicht mehr zu erwarten ist. Das gab es auch in den ersten Mailänder Show-Tagen nicht zu sehen. Die Drehung einiger Labels in Richtung einer etwas bourgeoiseren Eleganz ist eher rückwärts- als vorwärtsgewandt.
Es geht vielmehr darum, eine möglichst gute Story zu erzählen. Und die sollte so ausgeschmückt sein, dass sie sich gut über Foto-Plattformen wie Instagram vermarkten lässt. Denn auch dort wird heute der Kampf um Marktanteile geführt. Und den gewinnt man nicht mit raffinierten Schnitten, sondern mit viel Ornamentik. So erklärt sich auch der Hype um Gucci.
Was Alessandro Michele auch dieses Mal wieder auf den Laufsteg brachte, war die totale Entkoppelung vom Hier und Jetzt. Das Abtauchen in eine andere Welt. Guccis seit zwei Jahren amtierende Kreativchef erzählt auch nicht eine einzelne Story, sondern Dutzende – in einer Show. Vom Trash bis zum Historienspektakel. Und er ist damit stilprägend und inspiriert den ganzen Modemarkt.
Giorgio Armani hat einmal eine ganze Stilepoche geprägt. Längst schon kann er aus dem eigenen Lebenswerk zitieren. In seiner am Freitag (24. Februar) vorgeführten, von Schwarz-Weiß-Kontrasten dominierten jungen Emporio-Linie übersetzte er klassische Textilmuster wie Fischgrät oder Pepita modern auf PVC. Sein Pelz ist «öko», wie es offiziell heißt – also wohl synthetisch. Pink und Rot bringen leuchtende Akzente ein.
Doch vielleicht setzt ja auch ein Model den wichtigsten Mailand-Trend dieser Saison: Halima Aden. Nach ihrem Laufsteg-Debüt in New York lief die gläubige Muslima nun auch hier, bei Alberta Ferretti und Max Mara. Wie immer mit Kopftuch. Die Botschaft: Der Islam gehört zur Mode.
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