In Delphi soll einst die Pythia als wahrscheinlich berühmtestes aller Orakel ihre Weissagungen getroffen haben. Die antiken Griechen glaubten fest an die Bedeutung der Prophezeiungen, was so manchen Feldherrn in sein Unglück laufen ließ.
Das Orakel von Delphi, jener Kultstätte, die in der Antike als Mittelpunkt der Welt galt, soll ja einst König Krösus auf seine Frage nach dem Ausgang einer bevorstehenden Schlacht prophezeit haben, er werde ein großes Reich zerstören. Krösus bezog dies der Legende nach auf die Perser, gegen die er zu kämpfen gedachte. Doch er verlor die Schlacht, und das Reich, das er zerstörte, war letztlich sein eigenes.
Delphi: Entstehung einer Legende
In der antiken griechischen Mythologie hieß es, dass Gaia, Mutter Erde, eine geflügelte Schlange gebar, die hellseherische Fähigkeiten hatte und fortan in einer Schlucht lebte. Die Göttin Hera wollte die Schlange benützen, um eine Rivalin auszuschalten. Hera befürchtete, dass die Kinder der Leto, einer Geliebte ihres Gattem Zeus, eines Tages ihre eigenen Nachkommen mit dem Göttervater übertrumpfen würden. So schickte sie die Schlange aus, um Leto zu töten und die Geburt ihrer mit Zeus gezeugten Kinder zu verhindern.
Der Plan schlug fehl, und Leto brachte schließlich die Götter Apollon und Artemis zur Welt. Apollon zog später als junger Mann los, um den versuchten Mord an seiner Mutter zu rächen, und erschlug die Schlange. Das Blut des Biests sickerte mitsamt seinen hellseherischen Kräften in den Boden. An dieser Stelle errichtete Apollon eine Kultstätte und sprach fortan durch die Pythia, das Orakel von Delphi, zu seinen Anhängern.
Das Orakel von Delphi
Die politische Bedeutung des Orakels in der antiken Welt war über Jahrhunderte hinweg beachtlich. Viele Gesetzt wurden erst nach der Zustimmung der Hohepriesterin, Pythia genannt, gebilligt und unzählige Feldherren richteten ihre Schlachtpläne nach ihren Prophezeiungen aus. Aber auch für den kleinen Mann war der Besuch in Delphi oft richtungsweisend für sein ganzes Leben. Dabei waren die Weissagungen in der Regel mehrdeutig und nur schwer zu verstehen.
Dies lag daran, dass die Pythia sich im Herzen des Heiligtums in einem Rauschzustand befand, während sie ihre Prophezeiungen machte. Der Legende nach wurde dieser Zustand entweder durch das Entzünden von Weihrauch oder durch die aus einer Felsspalte aufsteigenden Dämpfe herbeigeführt wurden. Rund um das eigentliche Wahrsagen wurden einige Rituale durchgeführt. Die Pythia gab schließlich ihre Weissagung an ihre Priester weiter, welche diese wiederum dem Ratsuchenden überbrachten. Inwiefern die Priester dabei die Aussagen der Pythia interpretierten und eventuell umformulierten, ist umstritten.
Im 4. vorchristlichen Jahrhundert begann das Orakel von Delphi, an Bedeutung zu verlieren, bis schließlich ein Edikt des Kaisers Theodisius Ende des 4. Jahrhunderts nach Christus alle Orakel verbot und damit den Prophezeiungen der Pythia endgültig ein Ende setzte. Und trotzdem haben die Legenden um das Orakel von Delphi bis heute von ihrer Faszination kaum etwas verloren. Werbung