Vampire beflügeln seit Jahrhunderten unsere Phantasie. Unser Bild von den untoten Blutsaugern hat sich im Laufe der Zeit gewandelt, und heute herrscht so etwas wie eine romantische Verklärung vor, die mit den Schreckensgeschichten früherer angeblicher Vampir-Beobachtungen nur noch wenig zu tun hat.
Vampire als wandelnde Leichen sind in der menschlichen Glaubenswelt nicht einzigartig. Schon seit Jahrtausenden glauben Menschen an ein Leben nach dem Tod, und so entstand auch schnell die Furcht vor Toten, die sich aus ihren Gräbern erheben und unter den Sterblichen wandeln, obwohl sie längst in eine andere Sphäre gehören. Der Aberglaube besagt zum Beispiel, das bestimmte Praktiken des Voodoo dazu geeignet seien, Tote wieder auferstehen zu lassen, damit man sich ihrer als willenlose Sklaven bedienen könne. Solche Geschichten sind die Verkörperung menschlicher Ängste, die sich stets gegen das richten, was man nicht versteht.
Vampire: alles nur Hirngespinste?
Vampire wurden aber mehr gefürchtet als die angeblichen Voodoo-Zombies, da ihr Erscheinen nicht von Menschenhand bestimmt wird. Die Vampirkrankheit kann im Volksglauben jeden befallen, der einzige Schutz besteht darin, die Zeichen rechtzeitig zu lesen und den Untoten endgültig zu vernichten. Als solche Zeichen galten beispielsweise die scheinbar weiter wachsenden Fingernägel und Haare, die an als Vampire angesehenen Leichen beobachtet wurden. Heute wissen wir, dass dieser Effekt durch das Austrocknen des Körpers und das damit verbundene Zusammenfallen der Haut entsteht.
Das Entweichen von Fäulnisgasen verursacht schmatzende Geräusche; während des Verwesungsprozesses können Flüssigkeiten austreten, die den Eindruck hinterlassen, es würde frisches Blut an der Leiche kleben. Wissenschaftlich exakte Leichenschauen gab es nicht, so dass es vorkam, dass ein Mensch vorschnell für tot erklärt und begraben wurde. Im besten Falle konnte er sich selbst wieder befreien und tatsächlich auferstehen. Anderenfalls hörte man nur furchteinflößende Geräusche aus dem Grab kommen und fand bei dessen Öffnung die nun tatsächliche Leiche in seltsam verdrehten Positionen vor.
Vampire in der Moderne: reale Blutsauger
Die üblichen Vampirzeichen können daher allesamt wissenschaftlich erklärt werden. Und trotzdem muss man sagen: ja, es gibt tatsächlich solche Blutsauger. Althergebrachte Rituale mit Kreuzen, Knoblauch und Co. helfen da wenig. Die Rede ist nicht von der Vampirfledermaus, sondern von Menschen, die sich den Lebensstil eines Vampirs aneignen und in einer eigenen Subkultur gemeinsam zelebrieren. Sie führen meist ein nach Außen unauffälliges Leben, treffen sich aber im Untergrund mit Gleichgesinnten, lassen sich aufwendige Vampirgebisse einsetzen und trinken wirklich menschliches Blut. Doch sie saugen keine unschuldigen Opfer aus, vielmehr gibt es bereitwillige Spender, die sich selbst zur Ader lassen.
Verstehen kann dies ein Außenstehender wohl kaum. Und auch die Philosophie vieler moderner Vampire, die mit dem Lebenssaft eines anderen Menschen auch dessen spirituelle Energie aufzunehmen glauben, ist schwer nachzuvollziehen, wenn man nicht selbst in der Szene steckt. Solange aber Niemand dabei zu Schaden kommt und alles in gegenseitigem Einvernehmen geschieht, gibt es auch nichts zu verurteilen. Der Kultstatus der Sagengestalt Vampir dürfte so schnell jedenfalls nicht schwinden. Werbung