Die Anthroposophie ist eine spirituelle Lehre, die sich mit dem Bewusstsein des Menschen und dessen Weiterentwicklung beschäftigt. Ihre Wurzeln liegen im Europa des späten 19. Jahrhunderts.
Der Begriff Anthroposophie stammt aus dem Griechischen und ist zusammengesetzt aus „ánthropos“ – „Mensch“ und „sophίa“ – „Weisheit“. Im wörtlichen Sinne meint Anthroposophie also soviel wie die Weisheit vom Menschen. Die weitaus bekanntere Anthropologie bezeichnet die Wissenschaft vom Menschen. Die Anthroposophie dagegen versteht sich als spirituelle Lehre und Weltanschauung, gern auch als Geisteswissenschaft, mit der das weltliche und übersinnliche Wesen des Menschen durch fundierte Methoden und Erfahrung erforscht werden soll.
Anthroposophie: spirituelle Weltanschauung
Die Begründung der Anthroposophie wird dem Philosophen Rudolf Steiner (1861-1925) zugeschrieben, der um 1900 Vorträge zur christlichen Mystik hielt und sich nach und nach an die Spitze der deutschen Theosophen setzte, nachdem er sich in früheren Schriften von religiösen Äußerungen weitestgehend ferngehalten hatte. Er verarbeitete religiöse Theorien verschiedener europäischer Traditionen, erweiterte sie um sein eigenes Glaubensspektrum, und legte die Grundsätze seiner Lehre schließlich in ausführlichen Schriften nieder.
Anthroposophie und ihre Lehren
Nach der anthroposophischen Lehre findet das menschliche Leben auf vier Ebenen statt. Diese sogenannten Wesensglieder sind der tatsächliche Körper, genannt „physischer Leib“; die im „ätherischen Leib“ zusammengefassten Lebenskräfte eines Menschen; der „Astralleib“, der das menschliche Bewusstsein und seine Empfindungen beinhaltet; und die individuelle Persönlichkeit eines Menschen, sein „Ich“. Nur in einer einwandfreien Verbindung dieser Ebenen, also im Zusammenspiel von Körper und Geist, kann der Mensch als Ganzes existieren. Die Gliederung des Menschen erfolgt aber auch noch nach anderen Aspekten, deren Auslegung aufgrund des enormen Umfangs und der damit verbundenen Fülle von Interpretationsansätzen in Steiners Schriften sehr unterschiedlich ausfällt.
Die Anthroposophie glaubt an die Reinkarnation und an das Karma, also die Lehre von Ursache und Wirkung. Die Theorie es Karma besagt, dass jede Handlung eine bestimmte Auswirkung hat und diese sich in der Summe positiv oder negativ auf den Geist und das Leben eines Menschen auswirken. Durch die Reinkarnation, also die Wiedergeburt nach den Tod in ein neues irdisches Leben, habe der Mensch die Möglichkeit und die Verpflichtung, durch Karma verursachte Lasten aus einem früheren Leben aufzuarbeiten. Die Anthroposophie spricht nicht von Magie, aber von einer Beeinflussung der Welt, die über die bloße physische Existenz hinausgeht. Das Denken und Handeln des Menschen beeinflusst nicht nur ihn selbst, sondern auch seine Umgebung.
Immerhin ist der Mensch Teil eines großen Ganzen, das nach anthroposophischem Verständnis nicht durch naturwissenschaftliche Erkenntnisse, sondern nur durch sinnliche Beobachtung erfahren werden kann. Die Welt besteht nicht nur aus dem, was wir sehen, doch um dies zu begreifen, reichen moderne Wissenschaften nicht aus. Nur durch übersinnliche Wahrnehmung ließe sich das Weltbild als Ganzes entdecken. Erkenntnis durch Erfahrung der geistigen Welt ist das Ziel. Werbung